Sonntag, 16. September 2012

Akte Fleisch: Einblicke in eine mörderische Industrie

250 Millionen Tonnen Fleisch verzehrt die Menschheit jährlich. 250 Millionen Tonnen Leid. Tendenz: steigend – mit drastischen Folgen für die Umwelt. Aber es steigt auch die Zahl der Stimmen, die es satt haben, sich an diesem Verbrechen zu beteiligen. Der Dokumentarfilm „Akte Fleisch“ befasst sich mit den globalen Auswirkungen einer mörderischen Industrie und lässt Ärzte, Wissenschaftler und Ernährungsexperten zu Wort kommen. Auch Metzger und Schlächter erzählen von ihrem blutigen Alltag. 

"Das Fleisch, das wir essen, ist ein zwei bis fünf Tage alter Leichnam" (Volker Elis Pilgrim, Schriftsteller).

Gerd Altmann  / pixelio.de

Fleisch und Gesundheit


1950 lag der Fleischverbrauch pro Kopf in Europa noch bei 26 Kilogramm, 2012 liegt er bei über 60 Kilogramm. Dieser Anstieg ist nicht folgenlos für die Gesundheit der Konsumenten. Dr. Annemarie Groß vom Internationalen Institut für Ernähurungsheilkunde erklärt, dass Herzkreislauferkrankungen, Bluthochdruck, Übergewicht, Diabetes, Gicht, Gelenkerkrankungen und Tumorerkrankungen mit dem Fleischkonsum zunehmen.


"Wissenschaftlich längst widerlegt" sei, dass Fleisch für die menschliche Gesundheit notwendig ist, sagt Doktor Hans-Günther Kugler, Experte für Mikronährstoffmedizin.  Das Schlaganfallrisiko bei Frauen korreliere mit dem Fleischkonsum. Wohlstandskrankheiten verursachen rund 30 Prozent aller Ausgaben im Gesundheitssystem. Tendenz steigend.  1,7 Milliarden Übergewichtige gibt es nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation WHO. Übergewicht ist die Hauptursache für Diabetes.  Prof. Dr Claus Leitzmann vom Institut für Ernährungswissenschaften in Gießen ergänzt: "Cholesterin findet sich nur in tierischen Lebensmitteln., auch gesättigte Fettsäuren überwiegend in tierischen Lebensmitteln, ebenso Purine, die zur Gicht führen können.“


Auch das Risiko für Darmkrebs und Magenkrebs steigt. Argentinien und Uruguay, die beiden Länder mit dem meisten Rindfleischkonsum, verzeichnen die höchste Rate an Brust- und Darmkrebs. Fleisch kann auch die Gedächtnisleistung negativ beeinflussen. Es gebe Hinweise für einen Zusammenhang mit Alzeimer, sagt Kugler. Die Aussage "Fleisch ist ein Stück Lebenskraft" ist "fahrlässig, wenn nicht absurd", resümiert Kugler.

Fleisch und Hunger


Jährlich werden unvorstellbare 250 Millionen Tonnen Fleisch verbraucht, 2050 sollen es sogar nochmal doppelt soviel sein, laut einer Prognose der Welternährungsorganisation FAO. Das hat drastische Folgen für Umwelt, Klima, Tiere - und Menschen. Rund ein Drittel der weltweiten Getreideernte wird als Tierfutter verwender. "Ohne den Umweg über den Tiermagen könnten mit der gleichen Menge Soja und Getreide rund zehnmal so viele Menschen satt werden", heißt es in dem Film. Zudem trage die Nutztierhaltung in großem Umfang zur Abholzung des Regenwaldes bei: 70 Prozent der abgeholzten Regenwaldfläche in Lateinamerika ist in Weidefläche umgewandelt worden.


Für die Herstellung von nur einem Kilo Fleisch werden bis zu 20.000 Liter Wasser verbraucht und 50 Quadratmeter Regenwald zerstört., die Umweltbelastung entspricht einer Autofahrt von etwa 259 Kilometern. Skandalös, dass angesichts dieser Fakten die Fleischproduktion über verschiedene Subventionen auch noch zusätzlich politisch unterstützt wird. Es ist eine Irrlehre, Fleisch sei ein Grundnahrungsmittel. Nicht zuletzt deshalb fordert unter anderem die Welternährungsorganisation FAO die Einführung einer Fleischsteuer in ihrem Jahresbericht 2009: „Das ist ein möglicher Weg um sicherzustellen, dass Produzenten, deren Tätigkeiten zu Umweltschäden führen, auch für diese Schäden gerade stehen müssen“. Indess schreitet der Klimawandel weiter voran. „Der blaue Planet wird durch die Fleischproduktion zerstört – das ist wissenschaftlich belegt und wir müssen davon abkommen“, resümiert Dr. Edmund Haferbeck, wissenschaftlicher Berater der Tierrechtsorganisation Peta.

Fleisch und Tierleid 

 

98 Prozent der angebotenen Fleischprodukte stammen aus konventioneller Massentierhaltung – also auch die Produkte vom „Metzger nebenan“. BUND-Chef Hubert Weigert fordert deshalb, die  Haltungsbedingungen zur Abschreckung auf den Etiketten der Fleischprodukte abzubilden. Schweine gelten als ebenso intelligent wie ein dreijähriges Menschenkind. Sie weinen, empfinden Trauer und Angst. Das gilt für Bio-Schweine genauso, wie für alle anderen. Das Schreien der Tiere, die einen mit großen Augen angucken, die Tränen der Kälber, wie hält man das aus? Der ehemalige Schlachter Hubert Liebertz bestätigt, was jeder ahnt: „Wenn man den Beruf eine gewisse Zeit lang macht, stumpft man einfach nur ab“. Die meisten seiner Kollegen seien irgendwann zu Alkoholikern geworden. Er selbst konnte irgendwann nicht mehr. Als er ein weinendes Kalb sah, hängte seinen Beruf  an den Nagel und wurde zum Vegetarier. Es ist die Banalität des Bösen, die ein anderer Metzger, angesprochen auf seine Tätigkeit, ausspricht: „Der Tod im Lebensmittelbereich gehört mit zum Leben. Wir produzieren hochwertigste Lebensmittel für den Verbraucher. Insofern ist das Thema Blut für mich zum Prozess gehörig.“ Ein anderer Schlachter spricht die ganze Verlogenheit der verbrecherischen Fleischindustrie in einem einzigen entlarvenden Satz aus: „Wir wollen Menschen nicht an die Tötung eines Tieres heranführen. Da würden wir Befindlichkeiten wecken, die wir nicht wecken wollen.“

 „Wären Schlachthäuser aus Glas, wäre jeder Vegetarier“, hatte der Vegetarier Paul McCartney einmal gesagt. Das ist wohl nur eine Wunschvorstellung. Man kann aber davon ausgehen, dass die Mehrheit der Bevölkerung keine Tiere mehr essen würde, wenn die Tötungsstätten der Öffentlichkeit zugänglich gemacht würden. Tiere werden nur noch als Produktionsmittel und nicht mehr als Lebewesen gesehen. Massentierhaltung gehört zu den schlimmsten Verbrechen der Menschheit. Es ist höchste Zeit, die Menschheit damit zu konfrontieren. 

"Akte Fleisch"- Der komplette Film: